Die Gruppe arbeitete von 2008 bis 2010 unter der Leitung von Jürgen Fuhrmann am WIAS.

Das Forschungsnetzwerk ”Gekoppelte Strömungsprozesse in Energie- und Umweltforschung” wurde im Januar 2008 ins Leben gerufen. Vorausgegeangen war ein gemeinsamer Antrag mehrerer Institutionen im Rahmen des Wettbewerbsverfahrens der Leibniz-Gemeinschaft zum "Pakt für Forschung und Innovation", der im Jahr 2005 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ausgerufen wurde. Die beteiligten Partner waren: Das Forschungsnetzwerk widmete sich dem Aufbau von Kooperationen zwischen nationalen und internationalen Experten, die von verschiedenen Universitäten und aus Instituten der Leibniz-Gemeinschaft kamen. Es wurden grundlegende Beiträge zur adäquaten numerischen Behandlung gekoppelter Strömungsprozesse angestrebt, die von vornherein darauf angelegt waren, ihre Praxistauglichkeit in herausfordernden, interdisziplinär angelegten Anwendungsprojekten beweisen zu müssen.

Die Modellierung gekoppelter Strömungsprozesse ist (Stand 2008) ein drängendes und in weiten Teilen ungelöstes, interdisziplinäres Problem. Gekoppelte Strömungsprozesse haben weitreichende Bedeutung in so unterschiedlichen Gebieten wie Energieforschung, Geowissenschaften, Umwelt- und Klimaforschung, Bauingenieurwesen und Materialwissenschaften.

Gemeinsame Fragestellungen des Forschungsnetzwerks:
  • reaktiver Transport gelöster Spezies
  • Kopplung zwischen freier Strömung und Strömung in einem porösen Medium
  • Austauschprozesse in Mehrphasenströmungen
Gekoppelten Strömungen begegnet man in Brennstoffzellen oder in der Klimamodellierung

Mathematische Modelle:
  • freie Strömung: (inkompressible) Navier-Stokes-Gleichungen
  • Strömung im porösen Medium: Darcy- und Brinkman-Gleichung
  • Bodenhydrologie: (stochastische) Richards-Gleichung
  • Speziestransport: Reaktions-Diffusions-Konvektions-Gleichungen
  • Übergangsbedingungen: Grenzschichttheorie, Beavers-Joseph, ...
Anwendungen:
  • Strömung und Transport in Brennstoffzellen
  • Abschätzung des Einflusses von oberflächennahen hydrologischen Prozessen auf das regionale Klima

Leibnizgruppe 1

Die inhaltlichen Schwerpunkte der Leibnizgruppe 1 lagen auf:
  • Numerische Analysis: Diskretisierungsschemata für die inkompressiblen Navier-Stokes-Gleichungen auf unstrukturierten Gittern, die qualitative mathematische Eigenschaften der zugrundeliegenden kontinuierlichen Modelle erhalten
  • Modellierung: Übergangsbedingungen zwischen freier Strömung und Strömung im porösen Medium
Mathematischer Hintergrund:
Die Diskretisierung von Transport und Reaktionen in gekoppelten Strömungsprozessen ist ein herausforderndes und drängendes Problem, da man diesen Phänomenen in vielen Anwendungen wie der Energieforschung und der Umweltforschung begegnet. Transport- und Reaktionsprozesse werden durch Systeme von gekoppelten Reaktions-Konvektions-Diffusions-Gleichungen modelliert. Die Diskretisierung dieser Gleichungen mit klassischen knotenbasierten Finite-Volumen-Methoden auf  randkonformen Delaunay-Gittern liefert diskrete, nichtlineare Gleichungssysteme, die ähnliche qualitative Eigenschaften besitzen, wie die zugrundeliegenden kontinuierlichen Gleichungen, z.B.
  • das lokale Maximumsprinzip und
  • Positivität.
Im Rahmen der klassischen Finite-Volumen-Methode ist die adäquate diskrete Kopplung von Strömungen im porösen Medium, die dem Darcy-Gesetz gehorchen, mit Reaktions-Diffusions-Konvektions-Gleichungen zwar gut verstanden, aber entsprechende gekoppelte Diskretisierungen mit Strömungen, die durch Stokes- oder Navier-Stokes-Gleichungen beschrieben werden können, sind deutlich schwieriger. Es stellt sich nämlich heraus, dass lokale Maximumprinzipien und die Positivität in den angekoppelten diskreten (Reaktions-)Konvektions-Diffusions-Gleichungen nur dann zu erhalten sind, wenn die diskrete inkompressible Strömung eine spezielle, diskrete Divergenzfreiheit im Finite-Volumen-Sinn besitzt. Solcherart geeignete, inkompressible Strömungen können auf verschiedene Weisen konstruiert werden:
  • durch geeignete Projektionen von klassischen Diskretisierungsverfahren für inkompressible Strömungen, z.B. Finite-Element-Methoden
  • durch eine adäquate direkte Diskretisierung der inkompressiblen Strömung mit Hilfe kantenbasierter Finite-Volumen-Methoden
Links: Finite-Volumen-Methode (FVM) für Konvektion-Diffusion, divergenzfreies kubisches Scott-Vogelius-Element für Navier-Stokes.
Rechts
:FVM für Konvektion-Diffusion, kubisches Taylor-Hood-Element für Navier-Stokes.
Ergebnis: Links: Maximumprinzip erfüllt. Rechts: Maximumprinzip verletzt (unphysikalische Isolinie c=6.2)          


Eine zusätzliche Herausforderung für eine adäquate Modellierung gekoppelter Strömungsprozesse entsteht, wenn in verschiedenen Teilen des Rechengebiets Strömungen im porösen Medium zusammen mit Strömungen auftreten, die den Stokes- oder Navier-Stokes-Gleichungen gehorchen. In diesem Fall müssen geeignete  Randbedingungen am Übergang zwischen den beiden Strömungsregimes verwendet werden, z.B. die klassische Beavers-Joseph-Bedingung.

Ziele

Die Forschungsanstrengungen zielten hauptsächlich darauf ab, komplexe zwei- und dreidimensionale Simulationen in der Elektrochemie möglich zu machen. Anwendungen: Simulationen von Experimenten in der Elektrochemie mit sog. Flusszellen:
In dieser Anwendung werden die Darcy- und Navier-Stokes-Gleichungen über den konvektiven Fluss mit einer Konvektions-Diffusions-Gleichung für den Speziestransport gekoppelt.
Elektro-konvektive Instabilität und Elektrodialyse:
Die Nernst-Planck-Poisson-Gleichungen werden mit den Stokes- oder Navier-Stokes-Gleichungen gekoppelt. Die Kopplung erfolgt hier über den konvektiven Fluss und zusätzlich über die Impulsübertragung der bewegten Ionen auf die Flüssigkeit.