Kooperation und Beratung

Fallbeispiel 1 - Kristallwachstum in einem Wandermagnetfeld

Unternehmen

Auteam Industrie-Elektronik GmbH Logo Die AUTEAM Industrie-Elektronik GmbH ist seit 1990 erfolgreich auf dem Gebiet der Entwicklung und Fertigung von Steuerungen für den Anlagen- und Maschinenbau tätig (u. a. auch von Steuerungs- und Regelungstechnik für Kristallzüchtungsanlagen).

Steremat Logo Die Steremat elektrowärme GmbH arbeitet seit über 55 Jahren erfolgreich im Bereich der induktiven Erwärmung und ist seit über 45 Jahren auch auf dem Gebiet der Kristallzüchtung tätig.

 

Beide Unternehmen haben zusammen mit dem WIAS und dem Leibniz-Institut für Kristallzüchtung (IKZ) ein Konsortium gegründet, das für einen Zeitraum von drei Jahren von den Bundesländern Berlin und Brandenburg sowie durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert wurde.

Problemstellung

Bei den gebräuchlichsten Methoden zur Herstellung von Halbleitergroßkristallen wird der Kristall durch kontrollierte Abkühlung aus einer Schmelze gezüchtet. Beim sogenannten Czochralski-Verfahren und seinen Varianten wird der Kristall aus einer rotierenden Schmelze gezogen.

Um homogene Kristalle zu erhalten, müssen drei Anforderungen erfüllt sein: man braucht eine vorzugsweise räumlich und zeitlich homogene Temperaturverteilung, eine kontrollierte Strömung innerhalb des Tiegels und eine konvexe Grenzfläche zwischen Schmelze und Kristall. Die für die Produktion ausreichend großer Kristalle notwendige Vergrößerung der Anlage führt zu schweren Komplikationen.

Diese neue Anforderung erfordert beträchtliche Änderungen an der Wachstumseinrichtung, wozu neue Experimente zur Bestimmung der optimalen Parameter notwendig sind. Die Produktion größerer Kristalle gleicher Qualität erfordert zusätzliche technische Ausstattung. Dabei werden Wandermagnetfelder erfolgreich eingesetzt, um die Strömung der Schmelze während des Silizium-Wachstums zu kontrollieren. Die Anwendung dieser neuen Technologie auf das Wachstum von III-V-Verbindungen führt zu einer ungünstigen hohen Leistungsaufnahme, da die angelegten Magnetfelder, welche typischerweise durch Induktionsspulen außerhalb der Wachstumsvorrichtung erzeugt werden, durch die dicken Wände der Druckkammer erheblich reduziert werden.

WIAS-Analyse und Lösung

Links: Wachstum Konfiguration - erweiterte Heizung-Magnet-Modul; Rechts: Simulierte Temperaturverteilung

Für die zuverlässige und effiziente mathematische Simulation und Optimierung musste ein gekoppeltes System von partiellen Differentialgleichungen auf einem komplizierten, nicht-glatten zylindrischen Gebiet gelöst werden. Die wissenschaftlichen Software-Tools WIAS-HiTNIHS und NAVIER wurden erweitert und für die numerische Behandlung angewendet.

Innerhalb des Projektes konnten die Partner zeigen, dass ein internes Heizung-Magnet-Modul ein Wandermagnetfeld erzeugen kann, welches in der Lage ist, Temperatur, Durchfluss und Grenzfläche im bevorzugten Sinn zu steuern. Probegeräte wurden hergestellt, und es wurden mehrere Patente eingereicht und erteilt. Die bahnbrechende Natur dieser Entwicklungen wurde mit dem Innovationspreis Berlin-Brandenburg 2008 ausgezeichnet.

Fazit

Die durchgeführten Simulationsrechnungen trugen wesentlich zur Konfiguration der modifizierten Anlage bei und lieferten optimierte Parameterkonstellationen für deren Betrieb.

Die Zusammenarbeit der Partner wurde in einem Folgeprojekt zur Produktion von Solar-Silizium in einem erweiterten Konsortium erfolgreich fortgesetzt.

 

Fallbeispiel 2 - Auswertung von Dilatometer-Experimenten

Unternehmen

Baehr Thermoanalyse GmbH Logo Die Bähr-Thermoanalyse GmbH ist seit über 20 Jahren erfolgreicher Hersteller von Dilatometer-Ausrüstungen und derzeit Marktführer in dem Gebiet.

 

Das nachfolgend geschilderte Beispiel entspringt einem im zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des BMWi geförderten Kooperationsprojekt zwischen dem WIAS, dem Institut für Eisenhüttenkunde der RWTH Aachen und der Bähr-Thermoanalyse GmbH.

 

Problemstellung

Die Idee für die Entwicklung eines neuen Konzeptes für die Bewertung der Dilatometerexperimente ist zuerst in einem gemeinsamen, durch die Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Grundlagenforschungsprojekt mit dem Institut für Eisenhüttenkunde der RWTH Aachen entstanden. In dem Projekt konnte beweisen werden, dass die komplette Phasenübergangskinetik für zwei wachsende Phasen eindeutig aus Dilatometermessungen identifiziert werden kann.

Dilatometer

Ein Dilatometer (Abbildung) ist ein Gerät, mit dem die Verformung und Temperaturentwicklung unter kontrollierter Heizung und Kühlung gemessen wird.

Die Dilatometer-Datenanalyse diente bis dato lediglich der Bewertung der Umwandlungstemperatur zu Beginn und am Ende der Phasenübergänge. Im Falle von mehr als einem Phasenübergang benötigt der Nachweis des Endphasenanteils bis heute eine sehr aufwändige Mikrographie.

WIAS-Analyse und Lösung

Da induktive Erwärmung nicht nur in der Aufheizphase genutzt wird, sondern auch für die Erzielung langsamer Abkühlungsgeschwindigkeiten, wurde am WIAS ein mathematisches Modell entwickelt, das sowohl Thermomechanik als auch eine Wirbelstrom-Formulierung der Maxwell-Gleichungen beinhaltet.

Die Phasenkinetik kann anhand eines inversen Problems, d.h. mit Hilfe eines Gauss-Newton-Verfahrens, berechnet werden. Um angemessene Rechenzeiten zu erhalten ist es unabdingbar, das resultierende Modell durch Ausnutzung der Symmetrien des Problems zu reduzieren.

WIAS-Umsetzung

Nach einem Jahr wurde ein Identifikations-Algorithmus für die schnelle Kühlung entwickelt und umgesetzt. Experimente zur Validierung des numerischen Ansatzes wurden an der RWTH Aachen durchgeführt.

In Zusammenarbeit mit dem Industriellepartner haben wir verschiedene Wege untersucht, um die Zuverlässigkeit der Lösung des inversen Problems durch eine konsequente Nutzung aller verfügbaren experimentellen Daten zu verbessern.