Hintergrund
Die wissenschaftliche Landschaft weist international eine Zunahme von Untersuchungen mit interdisziplinären Problemstellungen auf. Der Bedeutungszuwachs interdisziplinärer Forschungsthemen resultiert aus der Notwendigkeit, aktuelle, gesellschaftlich relevante Themen (wie bspw. Klimawandel oder Energie- und Gesundheitsfragen) durch eine enge Verbindung von Natur-, Lebens-, und Sozialwissenschaften, d.h. mit einem zunehmend ganzheitlichen Ansatz zu erforschen und zu lösen.
Aus den für die betrachteten Problemstellungen charakteristischen hohen Informations- und Datenaufkommen sowie der weiter wachsenden Bedeutung von Simulation und Optimierung technologischer und gesellschaftlicher Prozesse resultiert die Aufgabe, adäquate und zeitgemäße Methoden für die Analyse und Informationsgewinnung zu entwickeln. Ein verbindendes Element in diesem Kontext ist die Mathematik. Moderne Methoden der mathematischen Modellierung und Simulation (kurz: MMS) haben sich als fundamentale Ressource des wissenschaftlich-technologischen Fortschritts erwiesen. Sie ermöglichen u.a.:
- das zuverlässige Extrahieren von Informationen aus großen Datensätzen
- die Vermeidung teurer, energieintensiver und die Umwelt belastender Experimente bei der Grundlagenforschung in Industrie und Naturwissenschaft ("virtuelles Labor")
- Erkenntnisse auf Experimenten nicht zugänglichen Raum- und Zeitskalen ("Höchstleistungsmikroskop" bzw. "Höchstleistungsfernrohr")
- eine Verkürzung der Entwicklungszyklen und Reduzierung der Entwicklungskosten neuer Produkte sowie Effizienz- und Qualitätssteigerung bei Produktionsprozessen
- zuverlässigere Voraussagen bei gefährlichen oder unmöglichen Experimenten (Klima, Umwelt, Medizin) und gesicherte Schätzverfahren in Geistes-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
- die Analyse und Nutzbarmachung des Einflusses zufälliger (stochastischer) Ereignisse
- eine Risikoabschätzung beim Einsatz neuer Technologien und in Umwelt- und Gesellschaftspolitik
Mathematische Modellierung und Simulation ist somit ein wichtiges methodisches Themenfeld, das sowohl in den Natur- und Ingenieurwissenschaften als auch in den Wirtschafts-, Sozial-, Lebens- sowie Umweltwissenschaften eine große Bedeutung besitzt. Dabei finden Methoden aus sehr verschiedenen Bereichen der Mathematik (z.B. Statistik, Mathematical Finance, Optimierung, Numerik partieller Differentialgleichungen, mathematische Bildverarbeitung etc.) Anwendung, und es werden Probleme auf allen nur denkbaren Raum- und Zeitskalen (vom Nanopartikel bis hin zur großräumigen kosmischen Struktur, von der Femtose-kunde bis hin zum Alter des Universums) und auf den verschiedensten Komplexitätsstufen (von der einzelnen Firma bis hin zur gesamten Weltwirtschaft, vom lokalen Umweltereignis bis hin zu globalen Klimamodellen) bearbeitet.
Gemeinsam ist allen diesen Methoden, dass sie auf mathematischen Prinzipien beruhen. Als solche haben sie Querschnittscharakter, d.h. die jeweiligen Methoden lassen sich in der Regel nicht nur im jeweiligen Anwendungskontext einsetzen, sondern auch bei Problemstellungen in völlig anderen Wissenschaftszweigen. Hierin besteht ein großes Potenzial zur effektiven Nutzung.