Kooperation: A. Bobylev (Karlstad University, Schweden), S. Ermakov (St. Petersburg University, Russland), A. Garcia (San Jose State University, San Jose, USA), C. Lécot (Université de Savoie, Chambéry, Frankreich), S. Rjasanow (Universität des Saarlandes, Saarbrücken)
Förderung: DFG: ,,Effektive Steuerung von stochastischen Partikelverfahren für Strömungen in verdünnten Gasen``
Beschreibung der Forschungsarbeit: In wichtigen Anwendungsbereichen wie Raumfahrt oder Vakuumtechnologie erfolgt die mathematische Beschreibung der zugrunde liegenden physikalischen Prozesse mittels hochdimensionaler und in der Regel nichtlinearer Integrodifferentialgleichungen. Ein typisches Beispiel einer solchen Gleichung, die Boltzmann-Gleichung aus der kinetischen Gastheorie, besitzt die Form
mit
Hier beschreibt die Funktion f(t,x,v) die Konzentration von Teilchen mit der Geschwindigkeit v am Ort x zur Zeit Die Gleichung (1) besitzt eine quadratische Nichtlinearität, die sich aus der paarweisen elementaren Wechselwirkung ergibt. Diese besteht darin, dass bei der ,,Kollision`` zweier Teilchen sich ihre Geschwindigkeiten entsprechend (2) ändern, wobei die Einheitssphäre ist und B der Kollisionskern genannt wird.
Aufgrund der hohen Dimension (f ist eine Funktion von sieben Veränderlichen) spielen stochastische Teilchensysteme nicht nur bei der theoretischen Fundierung, sondern insbesondere bei der numerischen Behandlung der Gleichung (1) eine entscheidende Rolle. Stochastische Partikelverfahren beruhen auf der Simulation eines geeigneten großen Teilchensystems
mit dessen Hilfe das Verhalten des realen Gases approximiert wird. Hier bezeichnen und jeweils die Position und die Geschwindigkeit des i-ten Teilchens zur Zeit Bei der numerischen Behandlung kinetischer Gleichungen mittels stochastischer Partikelverfahren treten Fluktuationen auf, d. h. die zu berechnenden Werte werden durch zufällige Schwankungen überlagert. Deshalb besteht ein wichtiges Problem in der Konstruktion von Verfahren mit reduzierten Fluktuationen.
In der Arbeit [1] wurde mit Hilfe von auf der lokalen Temperatur in den Simulationszellen basierenden Abschätzungen ein Zeitzählmechanismus entwickelt, der den bisher vorhandenen Cutoff-Fehler bei hohen Geschwindigkeiten vermeidet. Darüber hinaus können die Zeitschritte zwischen den einzelnen Kollisionen wesentlich größer gewählt werden. Zusammen mit neu entwickelten effizienten Algorithmen zur Generierung der Index-Verteilung führt dies zu einer erheblichen Reduzierung der Rechenzeit. Insgesamt bewirken die neuen Resultate eine stabilere Arbeit des Verfahrens in Situationen, in denen so genannte ,,seltene`` Ereignisse (z. B. ein einzelnes Teilchen mit sehr hoher Geschwindigkeit) eine Rolle spielen. Insofern ordnen sich diese Ergebnisse in das oben beschriebene Problem der Varianzreduktion ein.
Neben der zu einem entsprechenden numerischen Fehler führenden endlichen Anzahl von Simulationsteilchen beinhalten stochastische Verfahren zur Behandlung der Gleichung (1) weitere Approximationsparameter. Ein solcher Parameter ist die Zeitschrittweite, die dazu benutzt wird, die Prozesse der freien Bewegung und der Kollisionen zu entkoppeln. In der Arbeit [2] wurden Untersuchungen zur Konvergenzordnung bezüglich dieses Parameters angestellt. Für verschiedene einfache Strömungen konnte Konvergenz zweiter Ordnung bezüglich der Zeitschrittweite bei der Bestimmung von unterschiedlichen Transportkoeffizienten nachgewiesen werden. Diese Untersuchungen wurden sowohl für transiente als auch für stationäre Strömungen durchgeführt.
Die Anwendung der Gleichung (1) ist auf Strömungen beschränkt, in denen die mittlere freie Weglänge der Moleküle genügend groß gegenüber der charakteristischen Längenskale ist. Nun sind in der Literatur Modifikationen der stochastischen Simulationsalgorithmen entwickelt worden, die ihren Anwendungsbereich in Richtung dichterer Gase ausdehnen. In der Arbeit [3] wurde das Konvergenzverhalten eines solchen Verfahrens theoretisch analysiert und die Gleichung gefunden, deren Lösung für wachsende Teilchenzahl approximiert wird. Diese Gleichung verallgemeinert die klassische Boltzmann-Gleichung (1). Eine Untersuchung ihres Verhältnisses zur Enskog-Gleichung ist Gegenstand weiterer Forschung.
Projektliteratur:
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