Bearbeiter: F. Guyard, R. Lauterbach, D. Peterhof, B. Sandstede
Kooperation: P. Chossat (INLN, Nizza), B. Fiedler, A. Scheel, C. Wulff (FU Berlin)
Förderung: DFG-Schwerpunktprogramm ,,Strukturbildung in dissipativen Systemen: Experiment und Theorie im quantitativen Vergleich``
DFG-Schwerpunktprogramm ,,Dynamik: Analysis, effiziente Simulation und Ergodentheorie``
Feodor-Lynen Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung
DAAD: Procope
Beschreibung der Forschungsarbeit:
Fragestellungen in Meteorologie, Geophysik und in vielen anderen Bereichen führen auf hydrodynamische Probleme. Aus der Sicht der Theorie dynamischer Systeme lassen sich diese erfolgreich behandeln, wenn eine Reduktion auf einfachere Gleichungen die wesentlichen Informationen über das Systemverhalten erhält. Die erzielten Ergebnisse sind dann auf große Klassen von Problemstellungen anzuwenden. Für diese Form der Untersuchungen spielen spezielle Strukturen in der Gleichung oft eine wichtige Rolle, nicht zuletzt stellen Symmetrieüberlegungen oft eine ganze Bandbreite mathematischer Methoden zur Verfügung.
1.) Polumkehr
Aus der Magnetisierung von Gesteinsproben kann man schließen, daß
das Erdmagnetfeld in Zeitskalen von  
 Jahren seine Orientierung
ändert. Nach einer langen Zeit stabiler Orientierung gibt es eine 
vergleichsweise kurze Phase mit sehr komplizierten 
Strukturen, auf die dann wieder eine lange Phase konstanter
Orientierung folgt,
allerdings mit vertauschten Polen. 
Ein Zugang erklärt den sogenannten Geodynamo mit einer 
Konvektionsbewegung geladener Flüssigkeiten in einer Schicht des 
Erdkernes. Eine mathematische Beschreibung erfolgt mit den 
Magnetohydrodynamischen Gleichungen. Ein mathematisches Objekt, das 
qualitativ in der Lage ist, die obengenannten Orientierungswechsel 
des Erdmagnetfeldes zu beschreiben, sind sogenannte heterokline Zyklen, 
deren Existenz (oft) zur Folge hat, daß es Anfangswerte gibt, für die 
die Lösung wieder in eine Umgebung des Ausgangspunktes zurückkehrt. 
Solche sogenannten rekurrenten Strukturen sind typisch für das 
Auftreten komplizierten dynamischen Verhaltens. Daraus ergibt sich die 
natürliche Frage, ob es in dem System, das die Bewegung der 
Flüssigkeit modelliert, solche heteroklinen Zykel gibt. In diesem Fall 
führen die genannten Reduktionen auf gewöhnliche 
Differentialgleichungen in Darstellungsräumen der Gruppe O(3). Für
solche Gleichungen ist bekannt, daß zumindest in der Nähe der 
Instabilität der reinen Wärmeleitungslösung für Räume mit 
irreduziblen Darstellungen keine  heteroklinen Zykel existieren [6]. 
Solche Räume mit irreduziblen Darstellungen wären aber die natürlichen Räume für diese 
Untersuchungen. Jedoch führen die Parameterwerte, die man 
für das Beispiel der Erde für gegeben ansieht, auf eine 
Darstellung einer Interaktion der 
 und 
-Moden
(Kugelflächenfunktionen erster und zweiter Ordnung). Im nichtrotierenden Fall 
haben Chossat und Armbruster [4] die Existenz heterokliner
Zykel in dieser Darstellung für gewisse Parameterwerte  
nachgewiesen. Dieser Zykel ist allerdings nicht stabil 
gegenüber Störungen, die die Symmetrie des Problems brechen (Rotation). 
Methoden zur Untersuchung solcher Probleme mit erzwungener
Symmetriebrechung 
gehen auf 
[9] zurück. Die dort begonnenen Arbeiten wurden 
innermathematisch 
in [7, 8] ausgebaut. Diese Klassifizierung
zeigt, daß der aus [9] bekannte Weg, heterokline Zykel im 
Fall gebrochener Symmetrien zu konstruieren, für eine Erklärung des 
Verhaltens des Erdmagnetfeldes nicht geeignet ist.
Ideen, die eine Fortentwicklung der Arbeiten  von Chossat und 
Armbruster und  von Lauterbach und Roberts sind, erlauben (unter vereinfachenden Annahmen)
in der 
-Modeninteraktion
mit Rotation die Existenz stabiler heterokliner Zykel zu zeigen
[5]. 
Physikalisch bedeutungsvoll wären solche Zykel vor allem dann, wenn die
im Zyklus enthaltenen (relativen) Ruhelagen rein einmodig (
) 
wären. In unseren bisherigen Untersuchungen konnten wir heterokline Zykel 
und deren Stabilität nur nachweisen, wenn einmodige 
- 
Gleichgewichtslagen auftreten. Unsere Untersuchungen deuten auf die 
Existenz von Zyklen mit
einmodigen 
 Gleichgewichten hin. Allerdings konnten dafür noch nicht 
alle Beweisschritte durchgeführt 
werden. Die Probleme liegen in der hohen Dimension des Parameterraumes 
und der damit verbundenen Degeneriertheit des relevanten 
Verzweigungsproblems. Wir vermuten jedoch, daß diese Zykel in der Nähe der 
von uns beschriebenen Zykel gefunden werden können.
2.) Sphärisches Bénardproblem
In den bisher genannten Untersuchungen spielten Betrachtungen eines 
Strömungsfeldes in einer Kugelschale eine große Rolle. Im Fall der 
Polumkehr interessieren wir uns allerdings für ein Radienverhältnis 
. Die Fälle 
 sind für Klimamodelle und
atmosphärische Vorgänge bedeutungsvoll. Allerdings kann man dieses 
Problem nicht auf eine endlichdimensionale Dynamik reduzieren 
[10]. Vielmehr muß man im Limes 
 partielle 
Differentialgleichungen als Grenzgleichungen betrachten. Für den Fall der 
reinen Navier-Stokes Gleichungen wird die Dynamik für große
Anfangsbedingungen und Anregungen näherungsweise durch die
Navier-Stokes Gleichung auf der Kugeloberfläche beschrieben.
3.) Dynamik von Spiralwellen
Spiralwellen treten in den verschiedensten chemischen und physikalischen Systemen auf. Experimentell sind diese raum-zeitlichen Muster unter anderem in der Belousov-Zhabotinsky Reaktion, bei der Katalyse an Platinoberflächen und in der Rayleigh-Bénard Konvektion beobachtet worden. Sowohl in den Experimenten wie auch in numerischen Simulationen findet man spontane Verzweigungen von starr-rotierenden zu mäandernden Spiralwellen. Im Resonanzfall verzweigen driftende Wellen. Mathematisch werden derartige Systeme durch Reaktions-Diffusionssysteme
in der Ebene modelliert. Der Vektor u ist dann typischerweise durch
die Konzentrationen der chemischen Spezies gegeben. Gleichung
(1) ist äquivariant unter der euklidischen Gruppe
 der Translationen und Rotationen. In [2] und
[3] haben wir die Dynamik in der Nähe von
Verzweigungspunkten auf endlich-dimensionale Zentrumsmannigfaltigkeiten
reduziert. Dies ist nicht-trivial, da die Gruppe 
 nicht kompakt
ist und auf den relevanten Funktionenräumen nicht norm-stetig
operiert. In einigen Fällen ist die Gruppenaktion sogar unstetig.
Die Gleichungen auf der Zentrumsmannigfaltigkeit besitzen eine
zusätzliche Struktur, die in [1] geklärt wurde. In
der letztgenannten Arbeit wurden darüber hinaus Bedingungen für das
Driften und Mäandern von Wellen hergeleitet. Diese Kriterien sind
numerisch leicht berechenbar. Damit konnten wir die oben beschriebenen
Phänomene durch Hopf-Verzweigungen erklären. In einer weiteren
geplanten Arbeit wollen wir diese Techniken auf sekundäre
Bifurkationen zu Tori mit drei Frequenzen anwenden, die ebenfalls
experimentell beobachtet worden sind.
Projektliteratur: