Bearbeiter: A. Glitzky, K. Gröger, R. Hünlich
Kooperation: Institut für Halbleiterphysik Frankfurt (Oder) GmbH (IHP)
Beschreibung der Forschungsarbeit:
Wir behandeln im folgenden Gleichungen, die die Umverteilung elektrisch geladener Spezies in Heterostrukturen durch Diffusion und Reaktionen unter Berücksichtigung ihrer elektrischen Wechselwirkung beschreiben. Derartige Probleme entstehen beispielsweise bei der Modellierung von technologischen Prozessen zur Herstellung von Halbleiterbauelementen. Einen Überblick über derartige Modellgleichungen findet man in [9].
Ein vor allem in Simulationsprogrammen häufig benutzter Weg zur Modellierung elektrischer Wechselwirkungen ist die Annahme der lokalen Elektroneutralität. Unter dieser Annahme haben wir in [2] ein Modell mit nur einer Sorte geladener Fremdatome behandelt. Die eindeutige Lösbarkeit der Modellgleichungen, die globale Beschränktheit der Lösungen und deren exponentielles Streben zum Gleichgewicht sind nachgewiesen worden. Analoge Aussagen haben wir für ein implizites und ein semiimplizites Zeitdiskretisierungsschema erhalten. Die Konvergenz dieser Schemata ist begründet worden.
Ein anderer Weg zur Modellierung elektrischer Wechselwirkungen, der nun 
beschritten werden soll, besteht darin, das innere elektrische Feld mit Hilfe 
der Poisson-Gleichung zu berechnen. 
Ein allgemeines Modell für beliebig viele elektrisch geladene 
Spezies in Heterostrukturen führt auf ein
Elektro-Reaktions-Diffusionssystem mit nichtglatten Daten. 
Wir bezeichnen mit 
, 
, 
, die Konzentration und das 
elektrochemische Potential der i-ten Spezies. Das zu untersuchende 
Differentialgleichungssystem besteht aus m Kontinuitätsgleichungen 
gekoppelt mit der Poisson-Gleichung für das elektrostatische Potential 
:

Dabei sind 
 bzw. 
 die Reaktionsraten im Volumen bzw. am 
Rand, die ausgehend vom Massenwirkungsgesetz in der Form 

angesetzt werden. Hierbei bezeichnen 
 und 
 die 
stöchiometrischen Vektoren der entsprechenden Reaktionen. Für den 
Zusammenhang zwischen Konzentrationen und Potentialen wird im betrachteten 
Modell die Boltzmann-Statistik angenommen. Die Untersuchungen erfolgen für 
den räumlich zweidimensionalen Fall, da Beschränktheitsaussagen für die 
Lösungen elliptischer Gleichungen von Gröger [8] in der Form, wie 
sie hier benötigt werden, nur im Zweidimensionalen verfügbar sind. Diese 
Beschränkung der Raumdimension ermöglicht uns aber das Anwenden und 
Erweitern von Einbettungsresultaten von Trudinger [10].
Unter gewissen Forderungen an die Anfangswerte 
 und die
Struktur des Reaktionssystems besitzt die Aufgabe genau 
einen stationären Zustand innerhalb einer 
Kompatibilitätsklasse, die durch den Anfangswert charakterisiert wird. Zum 
Beweis werden Aussagen der konvexen Analysis 
für Minimumprobleme strikt konvexer Funktionale herangezogen.
Ausgangspunkt für die Untersuchungen des instationären Problems sind physikalisch motivierte Abschätzungen der freien Energie

Zunächst wird gezeigt, daß die freie Energie entlang von Trajektorien des Systems monoton fällt. Ein wesentliches, neues Resultat ist eine Abschätzung der freien Energie nach oben durch die Energiedissipationsrate

wie sie von uns in [4] unter gewissen Voraussetzungen an das Reaktionssystem, die für relevante Probleme aus der Halbleitertechnologie erfüllt sind, bewiesen worden ist. Derartige Abschätzungen für Reaktions-Diffusionssysteme mit ungeladenen Spezies gehen auf Gröger [7] zurück. In [3] erweitern wir die bisherigen Ergebnisse auf allgemeinere Statistiken, Stromrelationen und Reaktionsterme sowie auf eine nichtlineare Poisson-Gleichung.
Als Folgerung der Abschätzung der freien Energie durch die Energiedissipationsrate erhält man, daß die freie Energie entlang von Trajektorien des Systems exponentiell zu ihrem Gleichgewichtswert fällt, was die Stabilität des thermodynamischen Gleichgewichts bedeutet. Analoge Resultate sind auch für ein implizites Zeitdiskretisierungsschema nachgewiesen worden (siehe [4)].
Dabei sei betont, daß die bisherigen Aussagen ohne die Kenntnis von 
a priori-Schranken für 
Konzentrationen und Potentiale bewiesen werden. Im Gegenteil, 
wir verwenden diese Energieabschätzungen, um unter zusätzlichen Annahmen 
über die Positivität der Anfangswerte und über die Reaktionsordnung solche 
a priori-Abschätzungen zu gewinnen. Zunächst
folgert man aus der globalen Beschränktheit der freien Energie mit Hilfe 
der Moser-Technik wie in [1] globale 
a priori-Abschätzungen 
für die Konzentrationen nach oben. Danach können wir,  
im Unterschied zu [1], aus dem 
exponentiellen Fallen der freien Energie schließen,
daß  die 
-Norm von 
, 
, global beschränkt ist. 
Durch Moser-Iteration kann damit die globale Beschränktheit der 
Konzentrationen nach unten durch eine positive, nur von den Daten des Problems 
abhängende Konstante gezeigt werden. 
Um die Lösbarkeit der Aufgabe festzustellen, 
regularisieren wir das Problem 
durch ein ,,Abschneiden`` der Nichtlinearitäten in geeigneter Weise. Wir 
finden a priori-Abschätzungen für dieses regularisierte Problem, die 
nicht von dem Abschneidelevel abhängen, so daß Lösungen der regularisierten 
Aufgabe gleichzeitig Lösungen des Ausgangsproblems sind, wenn das 
Abschneidelevel 
hinreichend groß ist. Die Lösbarkeit der regularisierten Aufgabe wird über 
Zeitdiskretisierung und einen Auswahlsatz bewiesen.
Wir erhalten die eindeutige Lösbarkeit unseres Problems, wobei für den 
Beweis der Einzigkeit 
-Regularitätsaussagen für elliptische 
Gleichungen von Gröger [6] verwendet werden. Diese Aussagen zur 
Existenz, Eindeutigkeit und zu globalen Abschätzungen von Lösungen der 
Aufgabe wurden in [5] zusammengestellt.
Projektliteratur:
,
 
  Free energy and dissipation rate for reaction diffusion processes of
  electrically charged species, eingereicht bei Applicable Analysis.
,
Electro-reaction-diffusion
  systems for heterostructures, eingereicht bei Proc. FBP'95.
-estimate for solutions to mixed
  boundary value problems for second order elliptic differential equations,
  Math. Ann., 283 (1989), pp. 679--687.
, Free energy
  estimates and asymptotic behaviour of reaction-diffusion processes,
  IAAS-Preprint 20, Berlin, 1992.
, Boundedness and
  continuity of solutions to second order elliptic boundary value problems,
  Nonlinear Anal., 26 (1996), pp. 539--549.