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Direkte und inverse Probleme für diffraktive Strukturen in der Optik

Bearbeiter: J. Elschner , R. Hinder , G. Schmidt  

Kooperation: H.-J. Rostalski (Raytek GmbH Berlin), B. Kleemann (Carl Zeiss Oberkochen), F. Wyrowski (Universität Jena), J. Bischoff (Carl Zeiss Jena)

Förderung: BMBF

Beschreibung der Forschungsarbeit:

Ziel des Projekts ist die analytische und numerische Behandlung und vertiefte Modellierung direkter und inverser Beugungsprobleme für optische Gitter, die in Schichtsystemen eingebettet sind. Solche mikrooptischen Elemente realisieren optische Eigenschaften und Funktionen, die mit traditionellen optischen Elementen nicht erreichbar sind. Anwendungsfelder ergeben sich beispielsweise durch die Wirkungsgradsteigerung von beschichteten Solarzellen, durch die Verlängerung der Lebenserwartung von Lasern infolge der Verwendung beschichteter Spiegel, durch Möglichkeiten zur berührungsfreien Temperaturmessung, durch effektivere Einleitung von Energie in Lichtleiter, durch Möglichkeiten der langfristigen Speicherung von Daten auf optischen Medien, verbesserte Möglichkeiten der zerstörungsfreien Materialprüfung und vieles andere mehr.

Konkret werden im Fall der Beugungsgitter die charakterisierenden Größen der reflektierten und transmittierten Moden gesucht, die durch die Beugung einer zeitharmonischen Welle an einer periodischen Struktur entstehen. Ausgangspunkt zur Bestimmung der entsprechenden Rayleigh-Koeffizienten und Wellenvektoren sind die zeitharmonischen Maxwell-Gleichungen im dreidimensionalen Ganzraum mit den bekannten Stetigkeitsbedingungen an den Materialgrenzen und Ausstrahlungsbedingungen im Unendlichen, die in vielen technisch relevanten Fällen auf die Lösung von Variationsproblemen mit nichtlokalen Randbedingungen in einer beschränkten zweidimensionalen Zelle reduziert werden können ([3]).


1. Direkte Probleme:

Die konische Diffraktion   wird durch ein System von verallgemeinerten Helmholtzgleichungen, die über Stetigkeitsbedingungen an den Materialgrenzen gekoppelt sind, modelliert. Die Berechnung der Beugungseffektivitäten basiert auf einer verallgemeinerten FE/BE-Diskretisierung in einem beschränkten Gebiet, wobei die Ausstrahlungsbedingungen durch nichtlokale Randintegraloperatoren realisiert werden. Die Konvergenzanalysis des Verfahrens und die Implementierung von direkten und iterativen Gleichungslösern wurde abgeschlossen. Die Untersuchungen von in Dünnschichtsystemen eingebetteten Multilevel-Gittern unter konischem Welleneinfall sind fortgeschritten.

Die analytischen Untersuchungen der Gleichungen für die klassische Diffraktion konzentrierten sich auf den praktisch sehr interessanten Resonanzfall, der eng mit der Wood-Anomalie und dem Auftreten von Oberflächenwellen verknüpft ist. Hierbei geht es um die nichttriviale Lösbarkeit von homogenen Problemen, deren Nachweis für die Beugung in der Nähe von Rayleigh-Frequenzen Erfolg versprechend erscheint. In Anlehnung an Ergebnisse von I. V. Kamotskii und S. A. Nazarov ([1]), die diesen Fall für die Beugung akustischer Wellen an harten, periodischen Oberflächen behandeln konnten, wurden entsprechende Untersuchungen für die Transmissionsprobleme in der diffraktiven Optik begonnen.

Schließlich wurde zusammen mit V. Kozlov (Linköping) begonnen, endlich ausgedehnte Gitter zu behandeln. Erste Korrekturformeln gegenüber den üblicherweise betrachteten unendlich ausgedehnten Gittern konnten mit Methoden der asymptotischen Analysis verifiziert werden.


2. Inverse Probleme:

Die auf Abstiegsverfahren beruhenden Algorithmen zum optimalen Design von Beugungsgittern   erfordern die Berechnung der Gradienten der Rayleigh-Koeffizienten bezüglich Änderung der Gitterparameter. Die in [2] erhaltenen analytischen Gradientenformeln waren jedoch auf den Fall schwacher Lösungssingularitäten beschränkt. Um den praktisch wichtigen Fall mehrerer zusammenstoßender Materialien und beliebiger Singularitäten behandeln zu können, wurde in [4] ein neuer Zugang zum gestörten TM-Diffraktionsproblem bei Variation von nichtglatten Gitterprofilen und Grenzflächen entwickelt. Dieser Zugang erlaubt die Berechnung der Ableitungen der Diffraktionskoeffizienten durch wegunabhängige Kurvenintegrale sowohl für binäre diffraktive Elemente als auch für allgemeinere (stückweise glatte) Profile.

Ein weiteres praktisch relevantes inverses Problem ist die Rekonstruktion des Gitterprofils aus den gemessenen Fernfelddaten, das z. B. bei der Inspektion diffraktiver Strukturen auftritt. Dabei ist der Nachweis der lokalen Stabilität solcher Probleme von zentraler Bedeutung. Aufbauend auf den in [4] entwickelten Methoden konnten erste Stabilitätsresultate für das inverse Diffraktionsproblem im Fall nichtglatter Gitterprofile erzielt werden ([5]).


3. Erweiterung des Programmsystems DIPOG     zur Lösung direkter und inverser Diffraktionsprobleme bei binären und Multilevel-Gittern:

Die Programme zur Berechnung von Beugungseffektivitäten bei klassischer und konischer Diffraktion wurden zusammengeführt und durch zusätzliche Möglichkeiten zur Dateneingabe und Auswertung erweitert. Die bisher implementierten Algorithmen zur Lösung der direkten Probleme wurden so erweitert, dass Rechnungen auch in von Anwendern häufig benutzten strahlbezogenen Koordinatensystemen durchgeführt werden können. Neben den Beugungseffektivitäten können weitere Kenngrößen diffraktiver Strukturen wie z. B. das elektromagnetische Nahfeld und Phasenverschiebungen einzelner Ordnungen berechnet und graphisch ausgewertet werden. Durch die Wahl von Vorkonditionierern, die bei weitgehender Berücksichtigung der Gittergeometrie die Anwendung der FFT gestatten, konnte die Effektivität des GMRES-Verfahrens zur Lösung der diskretisierten Variationsgleichungen mit den nichtlokalen Randbedingungen erhöht werden. Da unsere Partner auch am Verhalten diffraktiver Elemente in sehr großen Temperaturbereichen interessiert sind, wurden bei der Modellierung der Beugungsgitter sowohl die Temperaturabhängigkeit der Brechungsindizes als auch die Wärmeausdehnung der Gittermaterialien berücksichtigt.

In das Programm zum optimalen Entwurf von Beugungsgittern für die klassische Diffraktion wurde neben der direkten auch die iterative Lösung der bei der Gradientenberechnung auftretenden linearen Systeme integriert, was bei einer Vielzahl der heute technologisch relevanten Gitter zu beträchtlichen Einsparungen an Rechenzeit führt. Bei der Gradientenberechnung wurden die in [4] abgeleiteten effektiven Formeln für beliebige Lösungssingularitäten und mehrere zusammenstoßende Materialien implementiert. Zur Bestimmung der lokalen Minima der das optimale Design charakterisierenden Zielfunktionen werden zwei verschiedene Verfahren angeboten. Beim gemeinsam mit R. Henrion bereits implementierten Gradientenverfahren wurden die Methoden zur Bestimmung von Suchrichtung und Schrittweitensteuerung erweitert. Als Alternative zu diesem Optimierungszugang wurde in Zusammenarbeit mit V. Schulz eine nichtlineare Innere-Punkt-Methode implementiert. Dabei werden die geometrischen und technologischen Restriktionen in das Zielfunktional aufgenommen und dessen lokales Minimum mittels Quasi-Newton-Methode und BFGS-Update der Hesse-Matrix bestimmt.

Projektliteratur:

  1.   I. V. KAMOTSKII, S. A. NAZAROV, Wood's anomalies and surface waves in the problem of scattering by a periodic boundary, Sb. Math., 190 (1998), I: pp. 111-141, II: pp. 205-231.
  2.   J. ELSCHNER, G. SCHMIDT, Diffraction in periodic structures and optimal design of binary gratings. Part I: Direct problems and gradient formulas, Math. Meth. Appl. Sci., 21 (1998), pp. 1297-1342.
  3.   J. ELSCHNER, R. HINDER, F. PENZEL, G. SCHMIDT, Existence, uniqueness and regularity for solutions of the conical diffraction problem, WIAS-Preprint No. 400, 1998, erscheint in: Math. Models Methods Appl. Sci.
  4.   J. ELSCHNER, G. SCHMIDT, Diffraction in periodic structures and optimal design of binary gratings. Part II: Gradient formulas for TM polarisation, WIAS-Preprint No. 538, 1999.
  5.   \dito 
, Local stability of inverse diffraction problems for periodic structures, in Vorbereitung.


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1/16/2001