Kooperation: D. A. Dawson (Fields Institute, Toronto), A. M. Etheridge (Queen Mary and Westfield College, London), A. Klenke (Universität Erlangen-Nürnberg), G. Leduc (Université du Quebec, Montréal), C. Mueller (University of Rochester), V. A. Vatutin (Steklov Mathematical Institute, Moskau)
Beschreibung der Forschungsarbeit:
Eine ausführliche Beschreibung der Motivation für dieses Forschungsgebiet wurde bereits im Jahresforschungsbericht 1995, S. 133, gegeben. Dort wurde auch berichtet, daß im vergangenen Jahr eine stetige Super-Brownsche Bewegung in einem Super-Brownschen Medium konstruiert wurde. Intuitiv gesehen, beschreibt dies eine Population von Teilchen, die sich im chaotisch bewegen und kritisch binär verzweigen. Die Verzweigung ist allerdings nur in Gegenwart von Katalysatoren möglich, die sich selbst auch chaotisch bewegen und kritisch binär verzweigen.
Das Hauptgewicht lag in diesem Jahr auf dem Studium des Langzeitverhaltens dieses stochastischen Prozesses im katalytischen Medium. Initiiert wurde dies bereits in [1] (unterstützt von der DFG; Fl 270/1-1). Dort wurde gezeigt, daß im Eindimensionalen Persistenz gilt (das heißt, daß im Langzeitlimes kein Verlust von Intensitäten auftritt). Dies ist ein neuartiger Effekt gegenüber (niedrigdimensionalen) Verzweigungsmodellen im konstanten Medium. In [2] konnte dann bestätigt werden, daß der dreidimensionale Fall auch persistent ist. Dies wurde vermutet, da hier der Katalysatorenprozeß eine Grenzverteilung besitzt, so daß mit einem nahezu stationären Medium eine gewisse Analogie zum konstanten Medium vorliegt.
Die Überraschung besteht aber nun darin, und das ist das Hauptergebnis in diesem Jahr, daß auch in der kritischen Dimension d=2 Persistenz vorliegt [4]. Obwohl in dieser Dimension der Katalysatorenprozeß lokal ausstirbt (wie in d=1), kommen (im Unterschied zu zu späten Zeitpunkten immer wieder größer und größer werdende Katalysatorenklumpen zurück, die dann vorrangig die vorhandene Population (lokal) vernichten (kritische Verzweigung mit unendlicher Rate degeneriert zum Killen). Deshalb wurde beispielsweise auf der Tagung über Verzweigungsprozesse in Oberwolfach 1995 massiv für ein Aussterben des Prozesses ,,plädiert``. Wir haben nun nachgewiesen, daß diese Intuition trügerisch ist. Hinzu kommt, daß uns eine überraschend einfache Beweisführung gelang. Die Kernaussage besteht darin, daß in allen Dimensionen die Verteilungsgesetze der zufälligen (bezüglich des katalytischen Mediums) Varianzen relativ kompakt sind, im Unterschied zum klassischen Fall, bei dem in niederen Dimensionen die Varianzen unbeschränkt wachsen, und die Populationen (lokal) sterben. Diese relative Kompaktheit folgt aus dem Langzeitverhalten der -Norm der Lösung einer gewissen Reaktions-Diffusions-Gleichung, für die ein einfaches Vergleichsargument gefunden wurde.
In [5] wird darüber hinaus gezeigt, daß auch in der kritischen Dimension die Grenzpopulation eindeutig bestimmt ist, d. h. daß Konvergenz in Verteilung vorliegt.
Über eine Dualitätsbeziehung können die oben erwähnten Forschungsergebnisse als ein probabilistischer Beitrag zum Studium einer Klasse von katalytischen Reaktions-Diffusions-Gleichungen verstanden werden. Reaktionen sind hier nur in Gegenwart eines Katalysators möglich. Dieser ist zeitlich und räumlich stochastisch veränderlich, typischerweise räumlich nur in ,,singulären Mengen`` vorhanden und obendrein einem stochastischen Verzweigungsmechanismus unterworfen. In der Sprache dieser katalytischen Reaktions-Diffusions-Gleichungen geben die vorgestellten Resultate Auskunft über das Langzeitverhalten der -Norm der Lösungen. Im Unterschied zum Fall einer konstanten Reaktionsrate geht die -Norm für d=1,2 nicht gegen Null.
Eine weitere Aktivität [3] bestand in diesem Jahr darin, einen Beitrag zur allgemeinen Strukturtheorie von Superprozessen zu leisten. Verzweigungsprozesse in katalytischen Medien können als spezielle Superprozesse verstanden werden, bei denen die Verzweigung eines typischen Teilchens durch ein stetiges additives Funktional gesteuert wird. Wir wollen die stetige Abhängigkeit des Verteilungsgesetzes des Superprozesses von diesem Verzweigungsfunktional nachweisen. Als Anwendung ergibt sich hieraus eine Reihe von sehr allgemeinen Regularitäts- und Approximationssätzen.
Um zu einem Verständnis des Einflusses des katalytischen Mediums auf Verwandtschaftsbeziehungen der Reaktoren zu kommen, wurde begonnen, reduzierte Lebensbäume für subkritische Galton-Watson-Prozesse in zufälligen Medien zu untersuchen [6].
Projektliteratur: