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Hysteresephänomene in Elastoplastizität und Phasenübergängen

Bearbeiter: P. Krejcí , M. Siegfanz , J. Sprekels  

Kooperation: M. Brokate (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel), D. Rachinskii (Institut für Probleme der Informationsübertragung, Moskau)

Beschreibung der Forschungsarbeit:

Ziel dieses Projektes ist es, realistische Modelle für die Evolution von Systemen herzuleiten, in denen Nichtlinearitäten vom Hysterese-Typ auftreten. Von besonderem Interesse für die Anwendungen sind dabei Fragen der (Thermo-) Elastoplastizität und der Phasenübergänge.

a) In [1] wurden Stetigkeitseigenschaften der konstitutiven Operatoren des isothermen nichtlinearen Chaboche-Verfestigungsmodelles betrachtet, wobei der Spannungstensor $\,\sigma\,$ aus der plastischen Komponente $\,\sigma^p\,$ und der Verfestigungskomponente $\,\sigma^b
= \sum_{k \in I} \sigma_k^b\,$ besteht, die mit der plastischen Dehnung $\,\varepsilon^p\,$ durch die Differentialgleichung

\begin{displaymath}
\dot{\sigma}_k^b\,=\,\gamma (k)
\left(R\left(k\right)\dot{\v...
 ...p\,-\,\sigma^b_k\left\vert\dot{\varepsilon}^p\right\vert\right)\end{displaymath} (1)
mit Konstanten $\,\gamma (k), R (k)\,$ verbunden ist, und wobei $\,\varepsilon^p\,$ das von Misessche Kriterium erfüllt. Das Materialgesetz wird implizit durch eine Differentialgleichung ausgedrückt, die den mehrdimensionalen Spiel-Operator enthält. Neu bewiesene Eigenschaften des Spiel-Operators ermöglichen den Nachweis, daß totale Spannung und totale Dehnung stetig bezüglich der gleichmäßigen Konvergenz im Raum der stetigen Funktionen mit beschränkter Variation voneienander abhängen.


\Projektbild {0.6\textwidth}
{mroz2.ps}{Fließflächen
bei einer stückweise linearen Bewegung $t_1\to t_2\to t_3$\space von $\sigma$.}

Das Mróz-Modell unterscheidet sich von anderen Plastizitätsmodellen durch die Eigenschaft, daß individuelle bewegliche Fließflächen mit verschiedenen Radien immer ineinander eingeschlossen bleiben. Für den kontinuierlichen Mrózschen Spannungs-Dehnungs-Operator, der Fließflächen aller Radien enthält (siehe Abb. 1, wo $\,\varphi (r, t)\,$ die Mittelpunktskurve bezeichnet), wurden in [2] explizite Formeln für den inversen Operator zusammen mit entsprechenden Energie-Ungleichungen abgeleitet. Ein Beispiel für die Mehrdeutigkeit der Lösungen einer Anfangswertaufgabe für eine einfache Differentialgleichung mit dem Mróz-Operator zeigt u. a., daß man keine Lipschitz-Stetigkeit des Operators erwarten kann.

b) Wesentlich schwieriger als der isotherme Fall ist der Fall, in dem die Temperatur als zusätzliche Zustandsvariable auftritt, da nicht klar ist, wie dann freie Energie, innere Energie und Entropie definiert und der Erste und Zweite Hauptsatz der Thermodynamik angewendet werden können.

In [5] war es erstmalig gelungen, für temperaturabhängige PRANDTL-ISHLINSKII-Operatoren der Form
\begin{displaymath}
\sigma\,=\,{\cal P} [\varepsilon]\,=\,\int_0^\infty \varphi (r, \theta)
{\frak s}_r [\varepsilon]\,d r\,,\end{displaymath} (2)
($\,\sigma =\,$ Spannung, $\,\varepsilon =\,$ Verzerrung, $\,\theta
=\,$ absolute Temperatur, $\,\varphi =\,$ Dichtefunktion, $\,{\frak s}_r
=\,$ elastisch-plastisches Element zur Schwelle $\,r \ge 0\,$) eine thermodynamisch konsistente Theorie der Thermoplastoelastizität zu entwickeln. Die grundlegende Idee beruht darauf, die in [3] ausgeführte Theorie der Hysteresis-Potentiale zu verallgemeinern. Freie Energie, innere Energie und Entropie ergeben sich dann als Operatoren, nicht länger als Funktionen, und man erhält eine Thermodynamik von Operatoren.

Dieses Konzept wurde in der Arbeit [6] für eindimensionale thermoelastoplastische Materialien mit Viskosität erfolgreich umgesetzt. Man erhält dabei Zustandsgleichungen der Form (Massedichte $\,\rho = 1\,$ gesetzt)
\begin{displaymath}
u_{tt}\,-\,\left(\gamma
(u_x)\right)_x\,-\,\sigma_x\,-\,\mu\,u_{xxt}\,+\,\beta\,\theta_x\,=\,f
(\theta, x, t)\,,\end{displaymath} (3)
\begin{displaymath}
\left(C_V\,\theta\,+\,{\cal V}\, [u_x,
 \theta]\right)_t\,-\...
 ...\mu\,u^2_{xt}\,-\,\beta\,\theta\,u_{xt}\,+\,g (\theta, x, t)\,,\end{displaymath} (4)
mit Konstanten $\mu \gt 0,\, C_V \gt 0,\, \beta\,$, wobei $\,\sigma\,$ durch (2) und $\,{\cal V}\,$ durch
\begin{displaymath}
{\cal V}\, [u_x, \theta]\,=\,\frac{1}{2} \int_0^\infty \left...
 ..._\theta \left(r,
 \theta\right)\right)\,{\frak s}_r^2 [u_x]\,dr\end{displaymath} (5)
gegeben sind. Es gelang in [6], Existenz und Eindeutigkeit einer Lösung $\,(u, \theta)\,$ für eine Anfangsrandwertaufgabe für dieses System zu zeigen. Die Asymptotik des Systems für $\, t\rightarrow
\infty\,$ wurde in [10] untersucht.

c) Hysteresephänomene sind häufig Begleiterscheinungen von Phasenübergängen. Letztere werden gern durch Phasenfeldgleichungen (z. B. Caginalp-Modell, Penrose-Fife-Modell, siehe [3]) mathematisch modelliert, wobei die Hysteresis als Konsequenz einer Nicht-Konvexität der freien Energie gedeutet wird.

Im Berichtszeitraum wurde zu diesem Problemkomplex ein völlig neuer Zugang entwickelt: Anstatt eine nichtkonvexe freie Energie anzunehmen, wurde die Hysterese nunmehr in der Form von Hysterese-Operatoren direkt in die Phasenfeldgleichungen aufgenommen. Man erhält dabei Systeme der Form
\begin{displaymath}
\mu\,w_t\,+\,{\cal H}_1 [w]\,+\,{\cal H}_2 [w]\,\theta\,=\,0\,,\end{displaymath} (6)
\begin{displaymath}
\left(C_V\,\theta\,+\,{\cal F}_1
 [w]\right)_t\,-\,\kappa\,\Delta \theta\,=\,g (\theta, x, t)\,,\end{displaymath} (7)
wobei $\,{\cal H}_1\,,\, {\cal H}_2\,,\, {\cal F}_1\,$ geeignete Hysterese-Operatoren sind. Motiviert wurde dieser Zugang dadurch, daß sich Modellierungen mit Hilfe von Variationsungleichungen, wie z. B. das klassische relaxierte Stefan-Problem, auf die Form (6), (7) transformieren lassen. Dabei sorgt die vorausgesetzte Dissipativität der Hysterese-Operatoren $\,{\cal H}_1\,,\, {\cal
 H}_2\,$ (vgl. auch [3]) dafür, daß der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik in Form der Entropieungleichung erfüllt ist.

Es gelang im Berichtszeitraum in den Arbeiten [7, 9], die eindeutige Lösbarkeit einer Anfangsrandwertaufgabe für das System (6), (7) zu beweisen. Ein analoger Beweis gelang in [8] für das (6), (7) entsprechende Modell vom Penrose-Fife-Typ.

Der im Berichtszeitraum entwickelte neue Ansatz zur Behandlung von Phasenfeldsystemen ist sehr erfolgversprechend und soll im Jahre 1998 verstärkt untersucht werden.

Projektliteratur:

  1. M. BROKATE, P. KREJCí, Maximum norm wellposedness of nonlinear kinematic hardening models, Cont. Mech. Thermodyn., 9 (1997), pp. 365-380.
  2. M. BROKATE, P. KREJCí, D. RACHINSKII, Some analytical properties of the multidimensional continuous Mróz model of plasticity, WIAS-Preprint No. 391 (1998) , erscheint in: Control & Cybernetics.
  3. M. BROKATE, J. SPREKELS, Hysteresis and Phase Transitions, Appl. Math. Sci., Vol. 121, Springer-Verlag, New York 1996.
  4. P. KREJCí, Hysteresis, Convexity and Dissipation in Hyperbolic Equations, Gakuto Int. Series, Vol. 8, Gakk$\bar{\rm o}$tosho, Tokyo 1996.
  5. P. KREJCí, J. SPREKELS, On a system of nonlinear PDEs with temperature-dependent hysteresis in one-dimensional thermoplasticity, J. Math. Anal. Appl., 209 (1997), pp. 25-46.
  6. P. KREJCí, J. SPREKELS, Temperature-dependent hysteresis in one-dimensional thermovisco-elastoplasticity, WIAS-Preprint No. 344 (1997) , erscheint in: Appl. Math.
  7. P. KREJCí, J. SPREKELS, A hysteresis approach to phase-field models, WIAS-Preprint No. 364 (1997) , erscheint in: Nonlin. Anal. TMA.
  8. P. KREJCí, J. SPREKELS, Hysteresis operators in phase-field models of Penrose-Fife type, WIAS-Preprint No. 390 (1998) , erscheint in: Appl. Math.
  9. P. KREJCí, J. SPREKELS, Hysteresis operators in phase-field models, erscheint in: Progress in Nonlinear Partial Differential Equations and their Applications, Birkhäuser Verlag, Basel 1998.
  10. P. KREJCí, J. SPREKELS, Weak stabilization of solutions to PDEs with hysteresis in thermovisco-elastoplasticity, erscheint in: Proceedings of EQUADIFF 9, 1997.


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1/18/1999